Ökologische Zukunft statt Subventionierung des Gesterns

Es ist schon komödiantisch, wenn Klimaaktivisten sich auf der Straße festkleben, fordert die Politik harte Konsequenzen des Rechtstaates, in Baden-Württemberg wurden einzelne zu 3 bis 5 Monaten Gefängnis verurteilt. Der bayerische Innenminister spricht von irrsinnigen Aktionen, manche Klimaaktivisten wurden in Bayern in Präventivhaft genommen. Wenn Bauern Autobahnauffahrten blockieren, dann ist das scheinbar rechtlich in Ordnung, sie haben schließlich einen Traktor.

Aiwanger spricht von politischer Notwehr der Bauern. Die Klimaaktivisten wollen auf die Folgen der Klimaerwärmung aufmerksam machen und den Klimakollaps verhindern, setzen sich für die Dekarbonisierung ein und fordern Tempo 100 auf den Autobahnen. Die Bauern wollen, dass ihr Gewinn bleibt, blockieren Straßen, wollen verhindern, dass ihnen 5% ihrer Subventionen genommen wird. Anders formuliert, 95% der Subventionen fließen weiter.

Im Durchschnitt erzielte ein Landwirtschaftsbetrieb einen Gewinn von 120 000,- € nach Abzug aller Kosten. Jahrzehntelang wurden 50% des EU Haushaltes für die Subventionierung der Landwirtschaft aufgebracht – mit den bekannten Folgen: Butterberge und Milchseen prägten die europäische Landschaft. 2021/22 waren es laut Bundesregierung fast 48 000 Euro direkte Subventionen – was jedes Jahr einen großen Anteil am Gesamteinkommen ausmachte. Die Bauern haben ein Rekordjahr hinter sich, konnten ihren Gewinn um 45% steigern. Die Subventionierung der EU-Landwirtschaft führte viele Jahre zu Überproduktion und niedrigen Preisen für landwirtschaftliche Produkten.

Das hat den globalen Agrarmarkt beeinträchtigt und zu Wettbewerbsverzerrungen geführt, insbesondere wenn subventionierte Produkte auf den Weltmarkt gelangen. Siehe Baumwollproduktion in Bukina Faso, die aufgrund der stark subventionierten Baumwolle in den USA nicht mehr wettbewerbsfähig war. Ein Beispiel ist auch subventioniertes Billigfleisch aus der EU, dass afrikanische Märkte überschwemmt, den einheimischen Produzenten keine Chancen lässt, Armut befördert und dazu führt, dass sich perspektivlose junge Menschen auf den Weg nach Europa machen.
Nicht zu vergessen: Laut Lobbycontrol hat es der Bauernverband immer wieder geschafft, staatliche Vorhaben zum Schutz von Verbrauchern, Tieren sowie der Umwelt zu verhindern. Die Landwirtschaft ist eine zentrale Stellschraube, um dem Klimawandel zu begegnen. Die Politik kann nur zögerlich die Weichen in Richtung ökologischer Landwirtschaft stellen. Der europäische / deutsche Agrarlobbyismus verhindert die notwendige Umstellung in Richtung ökologischer Landwirtschaft, immer noch ist die Subventionierung zu stark an die Agrarfläche gebunden, nicht an Ökologie und Gemeinwohl. Die Agrarfabriken machen das Geschäft, die kleinen Bauern geben auf. Die Traktoren stecken im Gestern fest – statt Agrardiesel sind Klimaschutz, Artenschutz und Tierwohl zu honorieren.

Prof. Dr. Gerhard Wirner

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